Dienstag, 12. Dezember 2017

Hätte man das nicht kommen sehen können?

Also um mal die ganz dumme Frage zu den Entwicklungen in Dortmund zu stellen: Überrascht das eigentlich?

Also dass Peter Bosz mit dieser Mannschaft und/oder dieser Liga überfordert sein wird?

Jetzt, wo es raus ist... fällt mir auf, dass ich das euch ja gleich gesagt haben könnte... oder so. Und ja, mir selbst ist es auch erst viel zu spät aufgefallen...

Aber genau genommen... gab es so viele Vorbilder für Bosz, dass die Alarmglocken durchaus im Sommer hätten angehen können...

Denn den Hype auf die taktisch innovativen Spitzentrainer aus Holland gab es doch schon einmal... als nacheinander Louis van Gaal und Steve McClaren als Überraschungsmeister der Niederlande nach Deutschland wechselten... das geht in der Regel ungefähr so gut aus... wie den Torschützenkönig aus Holland zu holen... siehe Bas Dost, Luuk de Jon und Luc Castaignos... Ernsthaft... Fussballdaten.de hat nach den dreien aufgehört die Top-Torjäger aus Holland aufzulisten, weil die derart irrelevant sind...
Weitere prominente Namen von holländischen Trainern, die in der Heimat durchaus erfolgreich waren, aber in der Bundesliga gescheitert sind, wären Beert van Marwijk, Fred Rutten, Dic Advocaat und Gertjan Verbeeck... nur um mal zu erwähnen, dass die List von gescheiterten Holländern länger ist, als die Liste der erfolgreichen Kandidaten... die im Wesentlichen (in der Neuzeit) aus eben van Gaal (der ja nur menschlich und nicht fachlich scheiterte) und Huub Stevens besteht... anscheinend ist der Sprung von Holland nach Deutschland ein gewaltiger...  Und wenn ihr jetzt mit Jos Luhukay kommt... ja, der ist Holländer, kam aber als ausgewiesener Zweitligatrainer in der höchsten Spielklasse an... und war überschaubar erfolgreich...

Aber... Peter Bosz hat ja die Liga noch nicht mal gewonnen... er hat sich über die Europa League für den Job qualifiziert...
Also im wesentlichen weil Schalke unter Markus Weinzierl zu dumm war um gegen 10 Amsterdamer das Halbfinale für sich zu sichern... Das mag im ersten Moment wie eine Katastrophe für die Knappen gewirkt haben... aber im Nachhinein sollte man die Leistung von Weinzierl als Schalker mal angemessen würdigen... Denn der Ursprung ihrer derzeitigen Überlegenheit liegt in genau diesem Zusammenbruch... schließlich hat das Spiel auf die beiden aus Schalker Sicht relevanten Trainerwechsel einen starken Einfluss gehabt... denn wenn Weinzierl den Erfolg von Bosz feiert, bleibt er im Amt und Dortmund holt Tedesco... oder irgendeinen anderen besseren Trainer...

Die Europa League Erfolge sind sowieso extrem... willkürlich und zufällig... Also gegen Schalke war man im Rückspiel quasi schon ausgeschieden, nachdem am in Unterzahl entscheidend in Rückstand geriet... In der Runde darauf war man im Hinspiel quasi schon ausgeschieden, weil man in Lyon mit 3:1 verloren hat... Und ja, in den Heimspielen sah die von Bosz trainierte Mannschaft immer extrem stark aus... aber auswärts verlor man sogar in Kopenhagen...
Im wesentlichen holte Dortmund sich den 2. der Holländischen Ehrendevise, weil er in einigen wenigen Heimspielen überraschend gute Leistungen abrief... Und wurde dann davon überrascht, dass der diese Leistungen nicht konstant produzierte... obwohl er das noch nie geschafft hat...

Wenn man sich Boszs gesamte Trainerbilanz anguckt... Ein Abstieg mit De Graafschap, ein Aufstieg mit Heracles Almelo... dann konstante Arbeit bei Vitesse Arnheim und ein Jahr im Ausland... das klingt alles eher nach Armin Veh als nach einem Spitzentrainer... bis er dann überraschend bei Ajax Amsterdam anheuerte und dort dann einen überraschenden internationalen Erfolge feierte... Was auch nach Veh und seiner überraschenden Meisterschaft klingt... aber fragt euch selber: Hätte eine internationale Spitzenmannschaft sich von diesem Überraschungserfolg blenden lassen? Den Dortmundern ist genau das passiert. Während sie damals bei Veh sagten "Lass den das erst Mal bestätigen, vielleicht holen wir ihn dann..."
Also ja, wenn man sich den Lebenslauf von Bosz genauer anguckt, war das einfach (noch) kein Trainer für eine europäische Spitzenmannschaft. Was er dann eindrucksvoll belegt hat...


Und dann ist da noch das andere offensichtliche Vergleichsbeispiel: Der sture Konzepttrainer, dessen Taktik über allem und jedem steht. Die als Alternativlos betrachtet wird. Weil man ja den einen Erfolg im Lebenslauf mit dieser Taktik errungen hat. Das klingt verdammt nach Alexander Zorniger und seiner Station in Stuttgart. Das Problem daran ist halt: Die Bundesliga ist dafür einfach (und ja, ich sage das jetzt so) zu gut. Also wenn man nicht Bayern heißt, muss man sich immer wieder den Gegebenheiten Anpassen. Die überragenden Trainertalente wie Thomas Tuchel, Julian Nagelsmann oder Domenico Tedesco werden regelmäßig für ihre Matchpläne gefeiert. Und für die Anpassungen im Spiel. Wirklich jeder Bundesligist hat mittlerweile mehr als eine Taktik auf Lager und kann sie entsprechend der Umstände anpassen. Die meisten Trainer suchen sich dann die erwartbaren Schwächen des Gegners raus und versuchen diese anzugreifen.
Und Peter Bosz... hat diese taktischen Schwächen quasi über Monate im Voraus diesen Anpassungsfähigen Trainern zugeschickt... Und die haben sich dann ziemlich schnell an dessen Fußball angepasst und dessen Schwachstellen ausgenutzt...

Das beweist ja der Saisonverlauf perfekt. Also die ersten 7 Spieltage sind alle vor Ehrfurcht erstarrt. Da dachten sie "Da kommen die nächsten Bayern"... Gegen die kannst du halt nichts machen, außer den Bus vorm eigenen Tor parken... Dann kamen Augsburg, Real und RB Leipzig... und die haben sich gesagt: Wisst ihr was, wir greifen auch einfach mal an. Mal gucken, wie ihr dann reagiert. Und bis heute hat Bosz darauf nicht angemessen reagiert...
Und als den Bundesligisten plötzlich bewusst wurde, wie instabil das Dortmunder Defensivgebilde ist... griffen selbst Mannschaften wie Hannover und Frankfurt plötzlich an... und waren damit verdammt erfolgreich.
Bosz verweigerte aber den Schritt, den man von einem Trainer in der Bundesliga erwarten muss. Jegliche Anpassung wurden vermieden. So konnte Werder Bremen 8 Spiele später noch genau so agieren, wie Hannover... So kam auch Leverkusen auf viel zu viele Torchancen, obwohl sie kaum Ballbesitz hatten... Und in Unterzahl agieren mussten...
Aus dem "Wir erstarren aus Ehrfurcht" wurde ein "Ja, wir überlassen euch den Ball, aber wir schalten extrem schnell um, sobald wir ihn haben... denn damit kommt ihr halt nicht klar"... Und ja, abgesehen von dem absurden Derby und dem 50:50 Spiel gegen die Bayern... hatten die Dortmunder in der Liga immer über 60% Ballbesitz ohne ein Spiel zu gewinnen...
Man konnte sich als Gegner ja auch darauf verlassen, dass das funktioniert... Und konnten ihre Strategie entsprechend ausarbeiten.


Es ist also nicht so, als hätten sich die Dortmunder einen überragendes Juwel auf der Trainerbank entdeckt. Oder wenigstens jemanden, der in der Holländischen Liga überragende Erfolge gefeiert hat... oder wenigstens jemanden, der konstant starke Ergebnisse gebracht hat. Es ist eher so, dass Dortmund sich von ganz wenigen herausragenden Spielen hat blenden lassen...

Aber halt nicht nur Dortmund... alle anderen sind ja auf den Hypetrain aufgesprungen. Inklusive meiner Wenigkeit, die Bosz für gut genug gehalten hat, um die Bayern wenigstens zu fordern... Ich habe dafür wenigstens eine brauchbare Entschuldigung... ich gehe ja auch davon aus, dass Steffen Baumgart erst den Aufstieg mit Paderborn sichert und dann in der Bundesliga einschlagen wird, wie ein Bombe... Als nächstes Trainergenie. Wenn Dortmund den holt, werden sie 2019 garantiert Meister... also ich gehe fest davon aus...

Wenn das jetzt auf euch extrem verwirrend und Zusammenhanglos erscheint... müsst ihr euch die Lebensläufe von Bosz und Baumgart genauer angucken, dann ergibt das alles Sinn...
Warum sich alle anderen auch haben so sehr blenden lassen, ist das eigentliche Rätsel...

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