Donnerstag, 13. Juli 2017

Wir nehmen den Fußball viel zu wichtig, Teil... 1 wahrscheinlich... Hamburgs Minderwertigkeitskomplexe.

Wo ja gerade Sommerpause ist und im Wesentlichen nur geklärt wird, wer jetzt nächstes Jahr wo auf der Ersatzbank sitzt... kann man sich ja mit den Grundlegenderen Problemen der Welt beschäftigen... zumindest könnte man, am Ende landet man doch immer wieder beim Fußball...

Also... wo fange ich an. Am Besten genau dort, wo der Gedankengang begann: Ich habe am Montag meine Eltern angerufen. Warum? Nun ja... das sind mittlerweile Hamburger... und da kann man ja mal nach dem G20 Gipfel nachfragen, ob noch alles steht... Auch wenn deine Eltern so weit außerhalb von Hamburg wohnen, dass ihrem Hab und Gut eigentlich nichts passieren kann...

Und ja, nach nem Hafengeburtstag würde ich nie auf die Idee kommen... nach diesem Gipfel irgendwie schon.

Wir kamen dann darauf zu sprechen, warum Hamburg sich eigentlich immer wieder in solche Großprojekte stürzt und daran dann so gnadenlos scheitert...
Also wir reden hier von Prestigeprojekten die die Elb-Philharmonie (hey, die ist immerhin mittlerweile fertig), eine Olympia-Bewerbung und jetzt eben ein G20 Gipfel in einer Großstadt anstatt... sagen wir... in Heiligendamm, einen Ort, von dem selbst Mecklenburger nicht genau wissen wo der liegt... bestimmt irgendwo an der Ostsee... oder an nem See... eines von beidem...

Und das Problem, laut Meinung meines Vaters, war halt... das Hamburg immer als Weltstadt wahr genommen werden will. Und das ihnen der Respekt, den sie bekommen, nicht genügt.

Was nebenbei völlig absurd ist... also zumindest für... aber ich bin halt auch mit der Mongo Clikke groß geworden, damit war Hamburg immer DAS KULTURELLE EPIZENTRUM der Welt... direkt nach New York...
Aber auch wenn man sich persönlichen Musikgeschmack loslöst und die ganze Sache etwas weitläufiger betrachtet... Haben wir in Deutschland 3 so genannte "Freie Städte". Die also komplett selbstständig und ohne Bundesland geführt werden... von den 3 Städten ist eine "Arm aber Sexy"... ein "Milliardengrab"... mit 60 Milliarden Euro Schulden... Die andere Stadt ist nicht in der Lage für ihren gefühlt einzigen wirklichen Steuerzahler die Polizeieinsätze zu bezahlen... sowohl Bremen als auch Berlin sind eigentlich als Freie Städte nicht überlebensfähig...
Und dann ist da Hamburg... Denen geht es gut. Also klar, bei weiten nicht allen... aber dennoch haben sie die höchste Millionärsdichte Deutschlands...

Es ist halt wirklich kein Zufall, dass es sowohl Klaus Michael Kühne als auch Udo Lindenberg nach Hamburg zieht. Dass es in dieser Stadt das Rote Flora Viertel und den FC St.Pauli gibt... Und ja, die Hamburger sind so "gut", sie können sogar "Alternativen" kommerzialisieren und ausschlachten, ohne dass der Verein darunter leidet...

Aber gerade die Olympia Bewerbung und dann das Nein der Bevölkerung... Die für die Befürworter völlig überraschend kam... das faszinierende an dieser Abstimmung damals war ja, dass die einen sich mit der Materie Olympia auseinander gesetzt und vor Gefahren gewarnt hat... während die anderen einfach nur gesagt haben: Wir sind eine Weltstadt, deswegen brauchen wir die Olympischen Spiele. Das gehört sich für Hamburg einfach, so was auszutragen... und entgegen aller Erwartungen haben sich die Leute, die einen Diskurs führen wollten, durchgesetzt... schockierend...

Nachdem wir (und jetzt kommt der Bogen zur Überschrift) mindestens 20 Minuten über Hamburgs Selbstwahrnehmung und seine Rolle in Europa und der Welt diskutiert hatten, brach völlig überraschend folgender Satz aus mir raus: "Und das alles, weil dieser Drecksverein nichts auf die Reihe kriegt."

Also ja, der Gedankengang, der mir durch den Kopf schoss... war folgender: Wenn der Hamburger SV der Stadt die er vertritt angemessen auftreten würde... und sich regelmäßig für die Champions League qualifizieren würde... wenn also ein Mal im Jahr Mailand, Madrid und London zu Besuch kommen würden. Und Hamburgs 1. Repräsentant auch regelmäßig diese Städte besuchen würde... Dann hätte man uns diese Prestigeprojekte wie den G20 Gipfel erspart.

Das ist natürlich nur eine These, aber es ist eine recht interessante These. Der Fußball hat halt gerade in Deutschland eine derart erdrückende Vormachtstellung, dass es für unser Selbstbild vollkommen egal ist, wenn deine Großstadt in anderen Sportarten richtig gut ist (der HSV Handball wurde zwischenzeitlich mal Champions League Sieger, aber wen interessiert das?).
Gleichzeitig wirkt sich der Fußball auf unser gesamtes Gemüt aus... also schon der jungen BRD soll der Weltmeistertitel 1954 richtig gut getan haben... und ein Wirtschaftswunder ausgelöst haben... Wenn wir Handball Weltmeister werden, ist uns das ziemlich egal... aber wenn wir Fußballweltmeister geht es uns als gesamte Nation besser...
Und es geht dir halt als Stadt besser, wenn dein Fußballverein gut da steht. Erfolgreich spielt. Wobei die Definition von "Erfolgreich" in Rostock eine andere ist, als in Hamburg. Aber als Hansa damals Bundesliga gespielt hat, war das erhebend für die gesamte Region.
Am deutlichsten nehme ich das natürlich gerade als Leipziger wahr. "WIR" spielen nächstes Jahr Champions League. "Uns" besucht (und das ist nicht die unrealistischste Gruppenkonstellation) London, Madrid und Turin. Und zwar unabhängig davon, ob man RB Fan ist oder nicht. Und dass das am Ende verdammt teuer wird (aber dazu Zeitnah mehr)... interessiert dann nicht wirklich.

Und Hamburg... hat halt in diesem Jahrtausend ein einziges Mal Champions League gespielt. Der einzige Sieg, der jemals in diesem Wettbewerb errungen worden ist... war in einem bedeutungslosen Gruppenspiel am letzten Spieltag... Deswegen hat Hamburg halt das "Gefühl", dass sie nicht als Weltstadt wahrgenommen werden... obwohl sie genau das sind. Weil man halt, wenn man in Europa über Fußball redet, den HSV nie erwähnt... außer im "Damals, 1983" Modus... "Über Fußball Reden" ist halt der einzig relevante Maßstab bei uns. Und jetzt, wo man die letzten 20 Jahre verschwendet hat, werden ja auch kaum noch Auftritte auf der ganz großen Bühne dazu kommen... der Zug ist auf Jahre abgefahren.
Dass man abgesehen vom Fußball in einer wunderbaren Stadt lebt... geht deswegen einfach immer wieder unter.

Eine derartige Fixierung auf einen Sport... kann einfach nicht gesund sein. Aber wir Deutschen machen das...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen