Sonntag, 3. Juli 2016

Fußball ist so ein schlecht gecoachter Sport

Die wichtigste Quintessenz des gestrigen Abends. Gerade weil kein Marc Wilmots, sondern 2 der am höchsten eingeschätzten Trainer, an der Seitenlinie standen...

Und das Duell ging auch gar nicht schlecht los. Antonio Conte legte gegen Spanien mit einer mittlerweile ungewöhnlichen Taktik vor. Dem 3-5-2. Klar, in Italien ist das seit Jahren eine Option... Aber die Ausführung gegen Spanien war halt so gut...

Das Jogi Löw seinerseits reagieren musste und sein System umstellte... und dafür den Man of the Match des Viertelfinales opferte. Auch wenn er vorher behauptet hat, dass er sich nach 2012 nie wieder nach Italien richten wollte...

Das Problem beginnt meiner Meinung aber nicht an der Stelle... sondern etwa in der 65. Minute. Klar, Jogi Löw ist an der Stelle erst mal raus, da er verletzungsbedingt bereits 2 Mal wechseln musste... aber Conte? Gab es von ihm irgendwelche Reaktionen auf den Rückstand? Irgendwelche Ansätze das Angriffsspiel um und damit Deutschland vor Probleme zustellen?
Irgendwie schien der einzige Plan zu sein, dass der bis dahin ein überragendes Turnier spielende Jerome Boateng einen absurden Fehler macht... klar, der Plan ging auf, das bedeutet aber nicht, dass es ein guter war...

Aber auch danach... passierte nichts... Conte, der aus der Trainerperspektive einen Vorteil dank der Verletzungen haben sollte, verschenkte seine Möglichkeiten wirklich ins Spiel einzugreifen und diesem neue Elemente zu injizieren.
Warum? Nun ja, weil er sich die Option Simone Zaza fürs Elfmeterschießen offen halten wollte... Nur damit der dann völlig aus der Kalten einen Anlauf bringt, der selbst Cristiano Ronaldo peinlich gewesen wäre...
Ich halte es ja nicht verkehrt, bei den Wechseln in der Verlängerung auch ans Elfmeterschießen zu denken... also dass du einen Zaza als sicheren Elfmeterschützen und brauchbaren Stürmer in der 100. Minute bringst. Damit der dass Spiel halt vielleicht auch einfach vorher entscheidet...

In der anderen Coaching Zone hatte der Weltmeistertrainer einen Spieler auf der Bank, von dem er wusste, dass er ihn nach der 90. Minute in so ein Spiel werfen kann... und der in der Lage ist in der 115. verdammt wichtige und schöne Tore zu erzielen...
Aber... er traute sich nicht Mesut "Ich treffe bei Elfmetern souverän den Pfosten" Özil und Thomas "Ich habe in dieser Saison schon 3 Elfmeter versemmelt" Müller rauszunehmen... obwohl von beiden hauptsächlich auf Grund des Kräfteverschleißes nach 90 intensiven Minuten nichts mehr kommen würde...

Deutlich wurde mir das Elend, als Julian Draxler einen Steilpass auf einen der beiden spielte. Einen Pass, den er ziemlich genau so spielen muss, damit er nicht abgefangen wird. Und den ein Angreifer, der nochmal einen ordentlichen Antritt bringt, auch erlaufen kann... leider entschied sich der Trainer trotz zahlreicher Optionen wie Götze, Schürrle und Sane sich dagegen, einen weiteren derartigen Angreifer auf dem Feld zu haben...
Klar, der Pass war nicht perfekt... aber es war auf Grund der Müdigkeit von Müller quasi unmöglich einen guten Pass zu spielen...

Wirklich lustig wird das Ganze dann natürlich erst, wenn man bedenkt, dass alle 3 nur wegen der Elfmeter (noch) auf dem Platz stehenden Spieler dann vom Punkt versagten... Kollektiv...

Aber hey, zum Glück haben wir ja Manuel "Cersei Lannister" Neuer... Obwohl die eigentlich richtige Aussage (wenn man bedenkt, wie finster auch Jonas Hectors Elfmeter geschossen war) lautet: Zum Glück hatte Gianluigi Buffon keinen Bock drauf selber als Schütze bei einem Elfmeterschießen anzutreten...

Und irgendwo auf einer Yacht sitzt Marcelo Lippi und fasst sich an den Kopf...
Was das Halbfinale von 2006 zu einem meiner absoluten Lieblingsspiele macht, ist ja noch nicht mal der Fakt, dass die Deutschen da richtig brutal auf den Sack kriegen... Sondern dass Marcelo Lippi beschlossen hat, dass er gegen Deutschland keinen Bock auf Elfmeterschießen hat. Er bringt in der 75. Minute den ersten frischen Stürmer mit Alberto Gillardino. Dann in der 91. den 2. mit Vincenzo Iaquinta... und in der 104. den dritten mit Alessandro del Piero. Während er auch noch einen Francesco Totti auf dem Platz ließ... Unvorstellbar, aber wahr: Italien beendete das Spiel damals mit 4 gelernten Stürmern auf dem Platz. Plus Gattuso und Pirlo als Doppelsechs. Und keiner der 4 wurde nur und ausschließlich fürs Elfmeterschießen gebracht. So coacht man ein K.O. Spiel gegen Deutschland.

Jetzt kann man noch so oft behaupten, dass ein Siegtreffer in der 118. glücklich ist. Aber dieses Glück hat der Trainer definitiv erzwungen.
Gestern dachten sich beide Trainer: Ach auch egal, ich verlass mich auf die Lotterie...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen