Donnerstag, 7. April 2016

Ein weiteres Problem bei der Bewertung der Jugendarbeit

Die Jungs sind mittlerweile so unfassbar jung...

Klingt absurd, ist aber so... Vor allem ist das auch ein Problem für die Jugendspieler der Bayern...

Ich meine, selbst in der U20 findet man Spieler wie Henry Muhktar und Felix Platte. Spieler mit internationaler Erfahrung.
Selbst in der U19 findet man Namen wie Philipp Ochs und Felix Passlack, die bereits Bundesligaerfahrung vorweisen können...
Anders ausgedrückt: Wenn du mit 19 Jahren in der ersten Mannschaft deines Vereins so gar keine Rolle mehr spielst, fliegst du aus den Jugendnationalmannschaften raus.
Und sein wir ganz ehrlich: Dass du in dem Alter bei einem Anwärter auf den Champions League Titel eine relevante Rolle spielst, ist aber einfach nicht realistisch. Das machst du höchstens mit einem Spieler (Joshua Kimmich halt...)
Vor 10 Jahren war es noch nichts ungewöhnliches, wenn du selbst in der U21 kaum Bundesligaerfahrung hast... Mittlerweile kannst du dir das vielleicht als Torwart erlauben... 

Vor allem ist es mittlerweile völlig absurd, wie schnell wir über Jugendspieler und deren Entwicklung urteilen... nehmen wir da als Beispiel Julian Brandt. Um den haben sich einige Leute schon richtig Sorgen gemacht... Und sein Trainer Roger Schmidt musste sich vorwerfen lassen, dass er diesen Spieler nicht besser macht...
Das absurde daran ist... Brandt hat bereits 61 Bundesliga-Spiele auf dem Konto... ist aber erst 19 Jahre alt... und er hat halt in den letzten Monate die normalen Entwicklungsschwankungen eines 19 Jährigen erlebt...
Und ja, wir werden wahrscheinlich nie rauskriegen, warum Brandt zum Jahresauftakt so finster war, er aber seit 2 Wochen wieder überragend agiert. Wahrscheinlich wird er selber auch nicht wirklich wissen, woran das liegen könnte...
Aber die Entwicklung junger Menschen ist halt nicht Linear. Was wir gerade bei Profifußballern gerne vergessen...

Um das mal zu verdeutlichen: Die derzeitige Bayern Generation würde heutzutage als Sorgenkinder aufgeführt werden... schließlich musste ein Philipp Lahm mit 19 Jahren für 2 Jahre nach Stuttgart ausgeliehen werden... so wie das jetzt gerade Gianluca Gaudino passiert ist.
Ein Thomas Müller spielte in seiner ersten "Profisaison" gigantische 27 Bundesligaminuten... Erst unter Louis van Gaal wurde er zu diesem absurden Spieler, an den wir uns mittlerweile gewöhnt haben... Seine ersten Bundesligatore erzielte er Stunden vor seinem 20. Geburtstag...
Und an der Stelle muss man dazu erwähnen, dass er das Glück hatte, auf einen absolut bekloppten und vom eigenen Arbeitgeber chronisch unterschätzten Trainer extrem gefördert worden ist... Unter einen Pep Guardiola (und beim heutigen Niveau der Bayern Mannschaft) würde ein Müller auch nur in der Regionalliga-Mannschaft rumgurken... oder irgendwo hin ausgeliehen werden....

Wir haben uns in einem Zeitalter der Mario Götzes, Julian Draxlers, Max Meyers, Mo Dahouds, Leroy Sanes auch einfach extrem daran gewöhnt, dass man sein 50. Bundesligaspiel gemacht hat bevor man 20 wird. Zumindest wenn man als Riesentalent gelten will... 

Was aber die ganze Sache noch schwieriger macht... ist die angesprochene nicht lineare Leistungskurve. Bringen wir an der Stelle mal mein absolutes Lieblingsbeispiel Lukas Podolski. Den habe ich ja auch viel zu lange nicht erwähnt.
Was mir heute wahrscheinlich keiner glauben wird: Im Jahr 2004 galten nicht Schweinsteiger oder Lahm als "das Jahrhunderttalent"... als die Retter der Deutschen Nationalmannschaft. Klar, die Jungs waren als Leistungsträger eingeplant. Und es war auch abzusehen, dass die gut werden würden. Aber der Spieler, der Deutschland quasi alleine (nur mit seinem Linken Fuß) aus dem Dunkelsten Zeitalter ihrer Geschichte schießen sollte, war Lukas Podolski. Und wenn man den als ihn als 18 Jähriger gesehen hat, wusste man auch warum. 10 Tore in seinen ersten 19 Spielen sind halt eine kaum erreichbare Marke... Vor allem das bei einem Absteiger... um das mal festzuhalten: Der A-Jugendliche erzielte in der Saison fast ein Drittel aller Bundesligatore des 1.FC Kölns... obwohl er nur etwas mehr als die Hälfte aller Spiele absolvierte... Absoluter Wahnsinn.

Sein Problem war halt... dass er zwar extrem gut angefangen hat, seinen persönlichen Entwicklungshöhepunkt aber mit 21 Jahren erreicht hat... danach lebte er im wesentlichen von den Lorbeeren seiner Jugendkarriere (und den Zahllosen Erfolgen, zu denen er in der Nationalelf getragen wurde...).
Und so was kann einem halt passieren... Da muss auch keiner unbedingt Schuld dran sein... das ist manchmal einfach so...

Auf der anderen Seite des Spektrums steht Max Kruse... wenn man den als 19 Jährigen gesehen hat, dachte man wahrscheinlich: Na das wird wohl ein guter Zweitliga Spieler... wenn er Glück hat, kann er sich bei einem Abstiegskandidaten in der Bundesliga durchsetzen... und genau das hat Kruse gemacht... und danach hat er einfach nicht damit aufgehört sich weiter zu entwickeln... bis er im mittlerweile fast biblischen Alter von 25 Jahren sein Debüt bei Jogi Löw gegeben hat... und wenn die Entwicklung im Kopf der Entwicklung auf dem Feld stand gehalten hätte, würde er im Sommer Europameister werden... man kann halt nicht alles haben...

Was ich damit vermitteln will: Wir sollten bei der Bewertung von Jugendspielern immer sehr vorsichtig sein. Deswegen bin ich nebenbei auch für die Abschaffung der Fritz Walter Medaillen. Wenn man heutzutage ein großes Talent ist, wird man eh schon genug gefördert... und hat genügend Leute um einen herum, die einem erzählen, wie großartig talentiert man doch ist... Da braucht man nicht noch mal einen Extrapreis für zusätzliche Beweihräucherung... zusätzlicher Aufmerksamkeit... und zusätzlichen Druck...

Vor allen können wir jetzt noch nicht wirklich abschätzen, wer von den Jungs wirklich der Beste sein wird...

Und am Ende... sollte man die Jugendarbeit vielleicht einfach nicht unbedingt an Juniorennationalspielern messen... sondern daran, wie viele Profis in Liga 1 und 2 im Alter von 25 bis 28 man gerade ausgebildet hat. Also für wie viele der Kinder im eigenen Internat sich der ganze Aufwand wirklich gelohnt hat. Nur so ein Gedanke...
Und ja, Juniorennationalspieler sind da ein gutes Symptom. Aber bei weitem nicht das einzige...

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