Mittwoch, 30. März 2016

Passives Abseits Hall of Shame: Der geplante Abstieg von Hannover 96

Ein episches Werk auf George R.R. Martin Niveau...Vor allem ein wirklich komplexes Werk, bei dem man nicht mal weiß, ob es eine Tragödie oder Komödie sein soll.

Im Zentrum steht dabei der Mann der eigentlich im Hintergrund agieren sollte: Martin Kind. Und da wird einem auch bewusst, wie weit diese Geschichte zurück geht.

Die Vorgeschichte von Martin Kinds Präsidentschaft ist nämlich essenziell um den Tragödien Teil zu verstehen. Kind war einer dieser Präsidenten, die in der Wirtschaft einen großartigen Job gemacht haben, aber vom Fußball genau genommen keine Ahnung haben.

Und ja, ohne Kind würde es keinen Bundesliga Fußball in Hannover geben. Trotzdem war er zwischenzeitlich auch eines der Haupt-Hindernisse für weiteren Fortschritt in dem Verein... Nur um mal ein ganz blödes Beispiel zu nennen: Er schaffte es, Ralf Rangnick in der Saison 2003/04 zu entlassen... bevor Hannover (damals in ihrer 2. Bundesligasaison) auf einem Abstiegsplatz gelandet war... Klar, bei einem Peter Neururer kann das die richtige Entscheidung sein... aber Ralf Rangnick war damals einer der klügsten Köpfe auf den Trainerbänken... einen dieser Trainer, die man einfach nicht so oft findet... und die man auch nicht ersetzen kann...

Die soll nur ein Beispiel sein, dass der junge Kind immer wieder zu schnell die Geduld verlor... Und während er bei den Trainern so ziemlich jeden abgehalfterten Nomaden wie Ewald Lienen und Peter Neururer beschäftigte, durften sich auf der vielleicht noch viel wichtigeren Positionen des Sportdirektors Namen wie Christian Hochstätter und Ricardo Moars versuchen... alles Leute, bei denen selbst Hardcore Fußball Nerds nachschlagen müssen, ob das mal Bundesligafunktionäre waren...
Was ja auch daran liegt, dass keiner von denen mehr als 3 Jahre im Amt war... Und ich sag das mal so: Alle 3 Jahre seinen Kurs komplett zu ändern, kann nur bedingt gewinnbringend sein...

Das alles änderte sich aber im wesentlichen nach der Tragödie um Robert Enke. Ein Schicksalsschlag für den Verein, der die ganze Geschichte noch komplizierter macht.

Obwohl der Umschwung eigentlich erst mit der Verpflichtung von Mirko Slomka kam. Zum ersten Mal in seinem Leben verlor Kind nicht frühzeitig die Geduld. Sondern er hielt trotz der 6 Niederlagen am Stück zum Auftakt am Trainer fest... und ich wage mal zu behaupten, dass Slomka der erste Trainer war, der unter Kind 6 Spiele am Stück verlieren durfte, ohne entlassen zu werden.

Vor allem hatte man auf ein Mal eine einmalige Konstellation in Hannover: Man hatte mit Jörg Schmadtke und Slomka die entscheidenden Positionen im Verein wirklich gut besetzt. Ein Kongeniales Duo, dass sich perfekt ergänzte: Schmadtke war in der Lage, absolute Grützenspieler aus Norwegen zu verpflichten. Also Spieler, die nach Hannover kommen, dort aber unter dem Spezialisten in aus Grützenspielern ein Team zu formen übermäßig erfolgreich waren... lustiger Weise waren es die meisten nur unter dieser Konstellation. Ich verweise an der Stelle auf Didier Ya Konan, der nach seiner Hannover Zeit sogar Probleme hat, sich bei Zweitligisten durchzusetzen...

Schmadtke konnte Slomka genau die Spieler zur Verfügung stellen, die der für seinen Fußball brauchte. Uns Slomka ließ Schmadtke deswegen wie ein Genie aussehen...
Aber an der Stelle beginnt natürlich auch schon wieder die Tragik: Denn so gut die beiden zusammen arbeiteten... so schlecht verstanden sie sich zeitgleich. Ein absolutes Paradoxon: Wie können 2 Mitarbeiter, die nicht miteinander Reden, sondern nur über E-Mails Kontakt halten, so gut funktionieren?
Zumindest bis einer der beiden lieber zu einem Zweitligisten und Chaosverein wechselt... Und ja, es gab keinen vernünftigen Grund das erfolgreiche Projekt in Hannover zu verlassen um in Köln anzuheuern...

Aber genau genommen beginnt an der Stelle der Niedergang... und Kind kann nicht mal was dafür. Er hat damals alles versucht um beide Protagonisten zu halten. Jetzt musste er aber einen von ihn ersetzen...

Was aber gar nicht so schlecht gelang. Also auch wenn man nicht mehr um den Europapokal mitspielte, so war man immer noch ein etabliertes Mitglied der Bundesliga-Gesellschaft.

An der Stelle machte Kind aber den entscheidenden Fehler. In einem Anfall von persönlicher Hybris (wie sich das für ein Ordentliches Drama gehört) ging Kind davon aus, dass die 2 Jahre Europapokal zur Normalität im Verein werden sollten... anstatt sie als absolute Ausnahmeerfolge zu genießen, wollte er jetzt jedes Jahr über die europäischen Dörfer tingeln...

So entließ Kind den besten Trainer der Vereinsgeschichte, weil dieser nach der Hinrunde 2012 nur auf Platz 13 lag... also in einem für Hannover eigentlich völlig normalen Rahmen... So etwas sollte einem eigentlich nur auf Schalke passieren... Und ersetzte ihn durch den völlig unerfahrenen Tayfun Korkut...

So hatte man 2 Jahre nach dem erstmaligen Erreichen der Europa League auf ein Mal beide Trümpfe verloren... und sie durch einen Manager, der bisher nur im Freiburger Biotop funktioniert hat (Dirk Dufner) und einen Trainerlehrling, von dem man bis heute nicht abschätzen kann, ob das vielleicht mal ein guter Bundesligatrainer wird, ersetzt...
Wenig überraschend ging es mit dieser Konstellation nicht langfristig bergauf...

An der Stelle wird es aber völlig konfus... Man bekommt den Eindruck, dass der Autor dieser epischen Serie die Geschichte doch noch schnell zu Ende bringen muss, bevor sein Verlag ihn entlässt...
Zunächst ersetzte man Tayfun Korkut durch Michael Frontzeck. Was als Feuerwehrmann vielleicht sogar noch Nachvollziehbar war... schließlich hieß die Alternative Peter Neururer. Dass man aber völlig überraschend an Frontzeck festhielt... Schließlich dürfte Frontzeck einer der schlechtesten Bundsligatrainer der Moderne sein...
Dass dann noch Dufner, obwohl eigentlich fest stand, dass er den Verein zeitnah verlassen wird, mit der Zusammenstellung des neuen Kaders beauftragte...
Was eine unmögliche Aufgabe war, da man mit Lars Stindl und Leonard Bittencourt seine einzigen brauchbaren Offensivspieler abgegeben hatte...

Und nachdem das Transferfenster dann geschlossen war, ersetze man Dufner durch Martin Bader... einem Manager, der am ehesten dafür bekannt ist, dass er den 1.FC Nürnberg zum Abstieg geführt hat... 2 Mal...

Man hatte es also geschafft, sich innerhalb von innerhalb von 3 Saison sich von einer der besten Kommandobrücken zu einer der schlechtesten weiterzuentwickeln... Und gleichzeitig den eh schon recht dürftig besetzten Kader weiter zu schwächen... Good Job...

Dass Frontzeck dann noch zum dümmst-möglichen Zeitpunkt seinen Rücktritt erklärte... und Martin Bader mit einem neuen Trainer, der diesen Kader noch nie gesehen hat, nach den richtigen Verstärkungen für diesen Kader suchen musste... ist dann die allerletzte Krönung.

Das Ergebnis ist eine Mannschaft, mit der selbst ein anerkannter Fachmann auf der Trainerbank nichts holen kann... Und damit dann auch der Abstieg...

Einen Abstieg, auf den man im Zweifelsfall seit dem 23.April 2013 hingearbeitet hat... mindestens aber seit Dezember 2013... So viel Anlauf auf die Zweitklassigkeit haben bisher ganz wenige Vereine genommen...

1 Kommentar:

  1. Martin Kind wäre gerne wie Uli Hoeneß ist aber im Grunde nur ein Florentíno Pérez für Arme...

    Aber wenn man sich Köln heute anschaut, war es bei Hannover wohl eher Schmadtke als Slomka der für den Höhenflug verantwortlich war (auch wenn dein Beispiel Ya Konan zugegebenermaßen für das Gegenteil spricht). Wobei es für mich bis heute relativ unverständlich ist wie sich zwei erwachsene Männer in leitenden Positionen so kindisch verhalten können ...zumindest bei dem damaligen Erfolg hätte man zumindest professionell miteinander umgehen MÜSSEN.

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