Mittwoch, 3. Februar 2016

Ist Dietmar Hopps Traum gescheitert?

Dem einen oder anderen wird vielleicht aufgefallen sein, dass ich mich gerade ziemlich auf die Berichterstattung über die TSG 1899 Hoffenheim fixiere.

Und ja, ich bleibe auch dabei: Die Debatte, die derzeit geführt wird, ist sinnlos. Sie kommt aber alle 2 Jahre auf. Wenn es darum gehen würde, ob (und warum) Max Kruse oder Mario Gomez die bessere Wahl als Mittelstürmer wäre, würde ich die Debatte ja durchaus verlogen. Und als interessant einschätzen. Da es aber um völlig absurde Namen geht, nervt es mich eigentlich nur.

Aber... als ich gestern den Artikel über den MSV Duisburg gelesen habe, fiel mir das eigentliche Problem der Hoppenheimer auf. Und damit auch der Grund, warum ständig über die EM Chancen von Kevin Volland geschrieben wird.
Das mag jetzt erst Mal absurd klingen, wird aber Sinn ergeben.

Eine 6 Kilometer lange Lichterkette. Ein Anstieg der Mitgliederzahlen um 30%. Steigende Umsatzzahlen beim Merchandise... das sind schon paradoxe Reaktionen auf einen Zwangsabstieg in die Dritte Liga. Aber in Duisburg war genau das die Reaktion der Menschen auf die Unfähigkeit der Führungsetage ihres Vereins.

Aber ja, der Lizenzentzug der Duisburger hat das Volk emotional bewegt. Und die "Erschütterung" war deutschlandweit zu spüren. Und all das in einer Region, in der man Fußballtechnisch so ziemlich am verwöhntesten ist. Will man diesen Sport auf aller höchstem Niveau sehen, geht man nach Dortmund. Steht man mehr auf tragik-komisches Schmierentheater, schließt man sich Schalke 04 an. Interessiert man sich für ehrlichen Zweitligafußball, geht man zum VfL Bochum... und wer wirklich auf Tradition steht, geht zu Rot-Weiss Essen... Einem Verein mit so viel Tradition, dass er nach alter Rechtschreibung geschrieben wird...
Trotzdem interessieren sich immer noch tausende Menschen für Duisburg. Also trotz all der Konkurrenz hat man einen Zuschauerschnitt, der über dem von Darmstadt und Ingolstadt liegt. Jetzt überlegt euch mal, wie viele Leute in Ingolstadt ins Stadion gehen würden, wenn die Tabellenletzter in der 2. Liga wären (Spoiler: Schon als Zweitliga-Spitzenteam waren es nicht mal 10.000)... oder in Sinsheim...
Das ist die Grundlage für eine schöne 3 Seitige Story im Kicker.

Und das ist halt der entscheidende Unterschied zu den Hoffenheimern. Wenn die dieses Jahr absteigen, ist uns das vollkommen egal. Also abgesehen von den (immerhin respektablen) 28.000 Zuschauern, die zu jedem Heimspiel kommen... wobei der eine oder andere von denen halt auch sagen wird: Na gut, war schön, dass ich mal nen Bundesligist in meiner Nähe hatte... aber dann fahre ich halt doch wieder nach Stuttgart... So weit weg ist das ja nicht.

Die Allgemeine Reaktion auf einen Hoffenheimer Abstieg wird ein Schulterzucken sein. Ok, die Schadenfreude wird noch mal kurz hoch kochen. Aber wirklich nur ganz kurz.

Denn sein wir ehrlich: Die Zeiten, in denen die Hoppenheimer die Nation bewegt haben, sind mittlerweile vorbei. Das liegt zum einen natürlich an RB Leipzig. Also den Turbokapitalisten, die einen Fußballverein als Werbeplattform gründen. In dem Moment ist dem durchschnittlichen Fußball Fan halt aufgefallen, dass Dietmar Hopp halt eigentlich nur den Traum lebt, den sie selber haben.
Und ja, es gab beim mittlerweile eingestellten Fifa Manager von EA zwischenzeitlich sogar genau diese Spielfunktion: Gründe deinen eigenen Dorfverein und führe ihn von der Kreisliga in die Champions League. Weil halt jeder Kreisliga-Kicker in der Dritten Halbzeit mal still und heimlich genau davon geträumt hat seinen Dorfverein in die Bundesliga zu führen. Hopp hat das halt durchgezogen. Aber er hat halt keine Werbeplattform für SAP erschaffen wollen. Er hat halt sein Privatvermögen investiert, anstatt den Verein zu nutzen um Geld zu scheffeln. Deswegen ersetzte RB halt das alte Feindbild Nummer 1. Und auf bei Feindbildern gilt das alte Prinzip von Erik Meijer: Nichts ist scheißer als der 2. Platz.

Problem Nummer 2 für die Hoffenheimer ist halt... der SV Darmstadt 98. Dieser Traditionsverein hatte wahrscheinlich die schlechtesten Voraussetzungen aller ehemaligen Bundesligisten diesseits von Tasmania Berlin. Die standen mit mehr als einem Bein in der Regionalliga und spielen mittlerweile Bundesliga. Auf einem grausamen Rasen in einem grausamen Stadion. Wenn die es geschafft haben, trotz Hoffenheim in die Bundesliga zu kommen... können sich die Anhänger von Kaiserslautern und 1860 München einfach nicht mehr darüber beschweren, dass ihr Verein in Liga 2 rumdümpelt.

Augsburg, Braunschweig, Paderborn, Ingolstadt und Darmstadt haben halt nachgewiesen, dass Kompetenz die wichtigste Grundlage für den Erfolg im Fußballgeschäft ist. Dass es einigen Traditionsvereinen daran mangelt, wird mittlerweile selbst der eigene Anhang einsehen. Und damit auch, dass es nicht an den Retortenvereinen liegt, dass man selber nicht mehr den Status hat, der einem eigentlich gebührt... Dann fällt es natürlich auch schwerer diese Retortenvereine zu hassen.

Und damit... muss sich der Kicker halt jetzt auseinander setzen. Wir reden hier halt nicht von einem Lokalblatt. Sondern von einer Zeitschrift, die ganz Fußball-Deutschland bedienen muss. Möglichst in jedem Artikel.
Ein großer "Mit diesen Taktischen kniffen versucht Huub Stevens den Abstieg zu vermeiden" Artikel wäre fußballerisch vielleicht spannend und aufschlussreich. Aber viel zu viele würden den halt übergehen. Nach dem Motto "Wen interessiert denn das bitte?"
Kevin Vollands EM Chancen dagegen... da ist die Reaktion ein "Oh ja, im Sommer ist ja EM... und Volland ist ja einer unserer potenziellen Helden... vielleicht sollte ich den doch mal im Auge behalten."

Und das ist halt der Punkt, an dem Dietmar Hopps Traum gescheitert ist. Es interessiert sich einfach mal niemand wirklich für seinen Verein, sondern höchstens für das Einzelschicksal seiner Angestellten. Die Frage ob Kevin Volland noch in EM Form kommt ist für uns aller wichtiger als die Frage, ob diese Form alleine reicht um Hoffenheim vor dem Abstieg zu retten.
Weil die Zeiten, in denen Hoffenheim uns (als gemeinen Fußball-Fan) emotional berührt hat, vorbei sind.

Und mir geht es halt auf der Meta Ebene nicht anders. Also abgesehen von der Fixierung auf die EM Chancen der Abstiegskandidaten gibt es halt auch nichts, worüber ich selber schreiben könnte, wenn ich an Hoffenheim denke. Weil es halt auch mir ziemlich egal ist, ob die nun absteigen oder nicht.

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