Sonntag, 9. Dezember 2012

Das Wochenende der Wahrnehmungsfehler

Am Ende der Saison wird Wolfgang Stark froh sein, dass die Bayern so viel und so deutlich besser sind, als der Rest... aber man stelle sich vor so eine Fehlentscheidung hätte in einem engen Meisterschaftsrennen jemanden 3 Punkte gekostet...

Wobei man an der Stelle festhalten muss: ein enges Meisterschaftsrennen ist nur halb so dramatisch wie ein enger Abstiegskampf... Schließlich sind die finanziellen Einbußen wenn man als 2. in die Champions League einzieht relativ gering. Ob du 15. oder 16. wirst, ist am Ende wichtiger als die Frage, ob du Erster oder Zweiter wirst...

Aber zurück zu den Schiedsrichter: Wolfgang Stark rettete seinen Auftritt immerhin halbwegs, in dem er hinterher seinen Fehler zugab. Und der DFB zeigt der Fifa ein dickes Fuck You, und sperrt Marcel Schmelzer einfach nicht. Denn nach Sepp Blatter und Michel Platini sind die Tatsachenentscheidungen so heilig, dass nicht mal ein Eingeständnis des Schiedsrichters eine Sperre verhindern kann.

Ich bin ein großer Freund der Tatsachenentscheidungen. Aber doch bitte nur auf dem Platz. Soll heißen: kein Videobeweis um den Schiedsrichter auf dem Platz zu widerlegen. Gefühlte 5 Minuten Unterbrechungen tun dem Spiel einfach nicht gut. Und selbst wenn man jedem Trainer nur pro Spiel 2 Mal die Möglichkeit geben würde... man unterschätzt glaub ich, wie sehr man das Spiel dadurch in die Länge zieht. Dann stellt sich die Frage, wann man bei einem doch relativ selten unterbrochenen Spiel wie Fußball diesen Beweis anbringt. Und wenn der Schiedsrichter Elfmeter pfeift, das Spiel unterbrochen wurde und der Videobeweis den dann Widerlegt? Wie geht es dann Weiter? Mit Schiedsrichterball am Ort des vermeidlichen Fouls? Viel Spaß damit...
Als nächstes kommt hinzu, dass es dieses Wochenende mit den Szenen Jones gegen Taoré und Petersen gegen Trapp schon allein 2 Szenen gab, wo die Experten nach dem Videostudium zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Und gerade die Rote Karte von Jones widerlegt doch jegliches Fordern eines Videobeweises: Er geht da mit extrem hoher Geschwindigkeit und viel Anlauf ohne Rücksicht auf Verluste in den nennen wir es mal Zweikampf. Und in der verlangsamten Fassung sieht man dann, dass er Traoré ja gar nicht so richtig trifft... dass das mehr Traorés Glück als Jones Verstand geschuldet ist, sieht man wiederum eigentlich nur in der Originalfassung.

Aber zurück zur Fifa: Die werden jetzt ein Spiel Sperre für Schmelzer fordern. Ja, die Fifa Rechtsauslegung ist so: Wenn du für einen Ladendiebstahl von der Polizei verhaftet wirst, aber aus den Videoaufnahmen (und der Aussage der Polizei) wird deutlich, dass das eine Fehleinschätzung war. Du musst aber trotzdem erst Mal 2 Wochen in den Knast... und bist bei deinem nächsten Vergehen schon mal vorbestraft.
Oder um ein nicht ganz so absurdes Beispiel zu nennen: Laut Fifa Rechtsanspruch müsste jedes Exekutivmitglied, dem der Fifa-Ethikkommission  Korruption vorwirft, erst mal instant 2 Monate gesperrt werden. Selbst wenn hinterher raus kommt, dass das diese Kommission selber korrupt ist. Vielleicht sollte das mal jemand machen, dann merken die da oben vielleicht, wie bescheuert solche Prinzipien sind...

Als Kirsche auf der Sahnetorte "Wahrnehmungsfehler" kommt dann natürlich noch die Doppelbestrafung Elfmeter und Rot. Nur den Elfmeter und das 1:1 hätten die Dortmunder wahrscheinlich kompensieren können... aber dann auch noch zu 10. weiterspielen? (Wobei es auch schon beeindruckend war, wie selbst 10 Dortmunder noch pressen konnten...) Wenn wir ehrlich sind, war die Chance, die der VfL Wolfsburg durch Starks Piff geschenkt bekommen hat, ja nur noch größer als die vorherige. Schließlich durfte sich kein Feldspieler mehr in den Weg stellen (der Torschuss dürfte ziemlich exakt vom selben Ort ausgeführt worden sein...). Es gibt also (mindestens) die Torchance zurück und für den Rest des Spiels Überzahl... Vielleicht sollte man mal eine Doppelbestrafung für Fifa Funktionäre wegen Korruption einführen... Sperren und öffentliche Bloßstellung. Dann würden die vielleicht mal merken... ach never mind...

Den großartigsten Satz zum Schluss von Jürgen Klopp: "Wie Marcel mit dem Platzverweis umgegangen ist, müsste man ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen." Nur mal so nebenbei: Friedensnobelpreisträger sind unter anderem Henry Kissinger (Angeklagt von chilenischen Menschenrechtsorganisationen wegen der Verstickung in einem illegalen Putch am 11.September 1973), Jassi Arafat (Mitbegründer und Anführer der Fatah), die Europäische Union (in der Summe seiner Einzelstaaten der größte Waffenexporteur der Welt) und Barack Obama (im wesentlichen, weil er auf George W. Bush folgte...). Wenn also ein Dortmunder demnächst den Friedensnobelpreis überreicht bekommt, dann Jürgen Klopp. Für den respektvollen Umgang mit den Schiedsrichtern... zumindest an dem einen Wochenende, wo Bibiana Steinhäuser an der Seitenlinie stand...

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